(Prime Quants) – die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken bleibt der Market Mover schlechthin – die Kraft der Maßnahmen scheint aber zu schwinden. Sicherlich, allein die Spekulation auf eine Leitzinssenkung hat den DAX in den vergangenen sieben Handelstagen knapp 500 Punkte nach oben getrieben. Doch EZB-Chef Mario Draghi sprach heute im slowakischen Bratislava davon, dass der Übertragungskanal ihrer Geldpolitik gestört sei. Das Problem: Die EZB kann mit ihren Maßnahmen nur über das Bankensystem gehen. Doch die Kreditinstitute spielen einfach nicht mit. Die EZB greift daher zu Zuckerbrot und Peitsche. Um die Kreditvergabe in den Euro-Krisenländern zu erhöhen, wurde der Leitzins heute im ersten Schritt um 0,25 Punkte auf einen neuen historischen Tiefstand von jetzt 0,50 Prozent gesenkt. Dadurch soll auch die Wirtschaft gestützt werden, die nach Aussagen des EZB-Chefs im zweiten Halbjahr schrittweise anziehen wird. Gleichzeitig drohte die Zentralbank jedoch mit der Möglichkeit eines negativen Einlagezinses. Die klare Message an die Banken: Parkt euer Geld nicht bei uns, sondern gebt es weiter.
„Wir sind frustriert über die Kreditvergabe“ machte der oberste europäische Währungshüter auf der Pressekonferenz deutlich. Neben der Leitzinssenkung wurde daher zugleich noch eine Initiative für mittelständische Unternehmen in Aussicht gestellt. Die EZB werde diesbezüglich Beratungen mit anderen europäischen Institutionen aufnehmen. Der „ABS-Markt ist Tod“ sagte Draghi wortwörtlich. ABS steht für Asset Backed Securities, also forderungsbesicherte Wertpapiere – speziell geht es hier vor allem um solche Werte, die mit Forderungen von Unternehmen besichert sind. Nun wissen wir leider auch, dass die Mühlen in Brüssel nicht allzu schnell mahlen. Wann hier konkrete Pläne vorgestellt werden, steht also noch in den Sternen.
Ein wenig Ironie schwingt bei den vorgestellten Maßnahmen allerdings mit. Zuerst kritisiert man die Banken dafür, dass sie dem Risiko Tür und Tor geöffnet haben und dadurch das Finanzsystem an den Rand des beinahe Kollaps brachten. Und jetzt, wo die meisten Risikopositionen endlich aus den Bilanzen verschwinden, sollen diese möglichst schnell wieder vollgestopft werden. Für vage Geschäfte (bspw. Kreditvergabe an ein kleines Unternehmen) wird eine Bank allerdings immer einen Risikoaufschlag verlangen und verständlicherweise möchten die Kreditinstitute dabei ja auch noch was verdienen. Die Börsen bleiben jedenfalls in Feierlaune. Kein Wunder, denn die „unliebsamen“ Start-Ups werden hier ja auch kaum gehandelt.
{loadposition inbeitrag_mm_bestellseite}
Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler