Pünktlich zum Start in den – gemeinhin als Wonnemonat bezeichneten – Mai machten die Anleger genau das, was einer der bekanntesten Börsenweisheiten überhaupt zufolge ratsam ist: „Sell in May and go away…“. Der „Sell-in-May“-Effekt beschreibt bekanntlich eine Strategie, in der die Aktienquote über den Winter bis ins Frühjahr hinein hochgehalten und die Dividendenausschüttungen (die gehäuft im bereits erwähnten Frühjahr stattfinden) noch mitgenommen, die Investments im nachfolgenden, üblicherweise ereignisärmeren Sommer jedoch zurückgefahren werden. In unserer digitalisierten (Börsen-)Welt, in der Trades mit wenigen Maus-Clicks durchgeführt sind, gerät diese Taktik zwar vermehrt außer Takt; als „schwache Monate“ gelten mittlerweile vor allem August und September. Weiterhin durchaus sinnvoll ist jedoch, den zweiten Teil der alten Weisheit zu beachten, „…but remember to come back in September“, denn aus statistischer Sicht ist das letzte Quartal eines Jahres in aller Regel auch das beste. Nach diesem Ausflug in die Theorie geht es nun aber zügig zurück ins Hier und Jetzt:

Alles anders diesmal

Und da kam auch gleich schon wieder alles anders, dem Minus von über 400 DAX-Punkten vom Dienstag folgte direkt am nächsten Tag eine schwungvolle Erholung, die den Index erneut über die 15.000er-Schwelle bugsierte. Von Schwäche dann also doch keine Spur, zumal auch die US-Indizes ihre beeindruckende Post-Corona-Rallye unverdrossen fortsetzten. Für den Dow Jones ging es beispielsweise sogar auf neue Rekordstände. Das täuscht allerdings ein wenig darüber hinweg, dass vor allem die Tech-Werte am Dienstag von einer heftigen Verkaufswelle erfasst wurden. Was wiederum an einem Interview mit Janet Yellen, ehemalige Fed-Chefin und amtierende US-Finanzministerin, lag. Die hatte in jenem nämlich durchblicken lassen, dass die US-amerikanische Wirtschaft möglicherweise überhitzen und dadurch eine Erhöhung der Zinsen unvermeidlich werden könnte. Weshalb, ebenso unvermeidlich, der Nasdaq im Tief bis an die 13.400er-Marke und damit auf den niedrigsten Stand seit einem Monat krachte. Von Entwarnung kann hier (= bei den Tech-Werten) auch noch nicht gesprochen werden, denn zum einen zeigen die kurzfristigen Trendpfeile zunächst weiter abwärts, und zum anderen beläuft sich das Wochenminus mittlerweile auf knapp 2,6%. Für die heimischen Werte sieht es zum Wochen-Ende ebenfalls nicht ganz einheitlich aus:

Verkehrte Welt

Der DAX bleibt jedenfalls in seiner etwa 500 Punkte breiten Seitwärtsrange gefangen, die sich grob gefasst zwischen 15.000 auf der Unter- und 15.500 auf der Oberseite erstreckt. Damit behalten alle bekannten Chartmarken ihre Gültigkeit; nach oben bremst das amtierende Allzeithoch, darüber wartet die 16.000er-Schwelle. Nach unten sichern dagegen die Unterstützungen bei 14.500 und 14.000 die Blue Chips ab. Deutlich mehr Bewegung ist bei den Mid Caps im MDAX zu verzeichnen; da liegen zwischen dem aktuellen All-Time-High vom 19. April bei 33.411 und dem frischen Maitief vom Dienstag bei 32.029 Punkten immerhin schon 1.382 Zähler. Auch in Sachen Performance hängen die Nebenwerte hinter den Top 30 zurück: während der MDAX aktuell lediglich ein kleines Plus von 5,4% seit Jahresbeginn aufweist, stehen beim DAX schon stolze +12%. Verkehrte Welt also? Ein bisschen vielleicht – oder aber einfach nur die Bestätigung der derzeit gültigen Annahme, dass es vor allem die Old Economy ist, die auf Seiten der Käufer nachgefragt wird!

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