Erdöl ist im freien Fall – vielleicht ist der Preis aber auch schon am Boden aufgeschlagen. Nach massiven Kurseinbrüchen konnte der Kurs von Rohöl (Brent) am Mittwoch wieder um fast 8 Prozent zulegen. Allerdings zeigen die Pfeile aktuell erneut nach unten – heißt das, die Erholung gestern war nur eine technische Gegenreaktion? Das sagt der Chart:

Nachdem die Kurse über Monate überwiegend seitwärts liefen, drehten die Notierungen mit dem Jahreswechsel 2019/2020 nach unten ab. Anfang März beschleunigte sich die Talfahrt noch einmal deutlich – ohne Vorwarnung sackten die Preise bis in den Bereich um 35 Euro ab. Das kommt fast einer Halbierung gleich. Zu einem Großteil kann der Kursrutsch auf den Preiskrieg zwischen Russland und den anderen erdölfördernden Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, zurückgeführt werden. Einigt man sich da auf eine Förderbegrenzung, dürfte die Kurse tendenziell wieder steigen. Allerdings gibt es auch gute Gründe, die dafür sprechen, dass der Ölpreis einem Abwärtsdruck ausgesetzt ist, der über die den Fördermengenstreit hinausgeht. Ein kleiner Erklärungsansatz, wieso der Ölpreis tendenziell fällt, wenn beispielsweise Europa seinen Konsum reduziert – dabei allerdings kein Liter Öl weniger, sondern nur woanders verbraucht wird – findet sich hier: https://youtu.be/DKc7vwt-5Ho?t=4552. Grob ausgedrückt, bedroht (bedrohen im Sinne von Unsicherheiten über die zukünftigen Erträge) der geplante Rückgang des Erdölverbrauchs die Produzenten, was möglicherweise zu schnellerer Förderung und folgerichtig zu fallenden Preisen führen wird.

War das jetzt schon das Ende des Preisverfalls?

Das kommt wie immer darauf an. Ein Indiz für eine natürliche Untergrenze könnten die Förderkosten für Erdöl sein. Da gibt es nur grobe und relativ alte Zahlen, aber für eine Orientierung lassen sie sich verwenden. Das IFO schätzt die durchschnittlichen Förderkosten für ein Fass Erdöl mit 16 USD (2010: https://www.ifo.de/DocDL/ifosd_2010_2_3.pdf). Darunter wird es teurer, ein Fass Öl aus dem Boden zu holen, als es in der Erde zu lassen. Bei einem aktuellen Preis von 37 USD pro Barrel besteht da theoretisch also noch Luft nach unten. Allerdings sind die Kurse im Tief Anfang 2016 knapp unter 30 USD wieder nach oben gedreht. Und das sollte jetzt aus charttechnischer Sicht auch die untere Begrenzung bleiben.

Auf der Oberseite sind als technisches Ziel die Notierungen zwischen 50 und 60 USD zu nennen. Auf dem Weg nach oben gibt es unterwegs nur die runden Marke bei 40 Euro, die ein kurzes Innehalten vermuten lässt, das war auch schon 2016 nach dem Tief so. Es bleibt spannend, ob es in den nächsten Tagen eine Einigung zwischen Russland und den erdölfördernden Ländern geben wird.

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