Wirft man einen Blick auf den Seasonal Chart von Nestlé (WKN: A0Q4DC), sieht man eigentlich nur Grund zur Freude. Das ist jedoch ein Irrtum und offenbart die Probleme, die bei verallgemeinernden isolierten Betrachtungen entstehen. Man schaut gerne auch mal an dem Market Mover vorbei, der den Kurs einer Aktie tatsächlich bestimmt. Bei Nestlé geht es nämlich nicht, wie der Seasonal Chart vermuten lässt, schnurstracks gen Norden, die Aktie hat aktuell mit massiven Kursrückgängen zu kämpfen. Wo die herkommen und was das heißt, wollen wir uns heute anschauen.
Doch zunächst erst einmal etwas zur saisonalen Auswertung. Wie im Chart zu sehen, ist die Aktie von Nestlé eines der wenigen Wertpapiere, die im Grunde immerzu steigen. Es gibt kein ausgeprägtes saisonales Verhalten – kein schwacher Frühling oder Sommer – die Aktie ist im Schnitt in jedem Quartal mehr wert, als im Quartal davor. Sicherlich gibt es starke Monate – der Mai ist mit durchschnittlich 1,44 Prozent Performance normalerweise der drittstärkste Monat – und schwache, aber unterm Strich heißt es aufs Handelsjahr verteilt, dass man mit 10,21 Prozent Performance rechnen kann, wenn man die vergangene Entwicklung (linear) fortschreibt.

Das Problem ist, dass man mit dieser ausschließlich saisonalen Betrachtung etwas Wichtiges übersieht. Tatsächlich fällt die Aktie nämlich seit November 2017. Vom Hoch bei etwa 86 Franken (CHF) sind es immerhin 11 Prozent Verlust auf aktuelle 76 CHF. Nimmt man die Xetra-Notierungen in Euro, läuft der Kursverfall sogar noch länger. Da stammt das 52-Wochen-Hoch vom Juni 2017 mit 79,20 Euro. Für den Aktienkurs heißt das, dass die letzten drei Jahre quasi nicht stattgefunden haben. Da hätte uns die isolierte saisonale Betrachtung in die Irre geführt.
Was ist passiert?
Dass Nestlé mit der Einzelhandelskette Edeka aneinandergeraten ist, haben Sie vielleicht schon bemerkt, wenn Sie plötzlich nicht mehr Ihre Lieblingspizza oder -schokolade finden konnten. Warum das so ist, wird Ihnen im Supermarkt jedoch wahrscheinlich niemand so recht beantworten können.
Hinter dem Boykott steckt ein ausgemachter Handelsstreit zwischen Nestlé und der Handelskette. Die einen (Nestlé) würden ihre Produkte lieber etwas teurer verkaufen und die anderen (Edeka) lieber etwas günstiger geliefert bekommen. Wieso sich Edeka das traut und warum es möglicherweise für beide ein Problem werden kann, hat Johannes Ritter hier beschrieben. Grob zusammengefasst, wird Nestlé dort als ein etwas träger Konzern beschrieben, der mit kreativen Rivalen zu kämpfen hat und dessen Produkte als austauschbarer im Vergleich zu früher gelten. Der kursbestimmende Market Mover ist hier also der Kampf zwischen Hersteller und Verkäufer, der in der saisonalen Betrachtung schlichtweg nicht erkennbar ist.
Wer denkt, dass ein Unternehmen wie Nestlé das Zepter wieder übernimmt und sich mit einem spekulativen Long-Trade auf die Lauer legen möchte, der könnte dies beispielsweise mit dem Mini Future Long WKN: SE8ZSR der Société Générale tun; der Schein ist mit einem mittlerem Hebel von aktuell 4,35 ausgestattet, die Knock-Out-Barriere liegt bei 61,94 Euro. Wer sich hingegen den Bären anschließen und auf weiter sinkende Kurse setzen möchte, könnte beispielsweise mit dem Mini Future Short WKN: SE4JM3 das entsprechende Short-Engagement aufbauen; der Schein verfügt über eine Knock-Out-Barriere bei 91,81 Euro und einen ebenfalls mittleren Hebel von 3,75.
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Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler