(Prime Quants) – Wie es der Teufel will, beginnt unser Beitrag im neuen Jahr (zu dem ich Ihnen allen, im Namen des gesamten Prime Quants-Teams, an dieser Stelle selbstverständlich noch alles Gute wünsche) genauso, wie er im vergangenen endete, nämlich mit (m)einem Geständnis, was die Überschrift angeht. Heute entstammt das Ganze zwar meiner Feder, allerdings muss ich diesmal zugeben, dass die heutige Headline nur so trieft vor Ironie. Denn von einem Auftakt nach Maß kann in punkto Börse ja wohl überhaupt keine Rede sein. Nicht einmal „maßvoll“ würde passen, ganz im Gegenteil, eher ist das Maß bereits nach der ersten Handelswoche 2016 voll! Schließlich ging es am Montag schon mit einem Paukenschlag los, denn während hierzulande noch all die emsigen Experten eifrig ihre ersten Einschätzungen („So wird das Börsenjahr 2016“) enthüllten, öffneten im fernen Osten die ersten Märkte – um kurz darauf jedoch wieder zu schließen. Der gerade erst ins Leben gerufene Schutzmechanismus der chinesischen Börse, wonach bei Kursverlusten größer 7 Prozent der Handel ausgesetzt werden kann, kam zu seinem ersten Einsatz und leistete sogleich ganze Arbeit – die Märkte rund um den Globus schmierten direkt zum Start ins neue Jahr einmal so richtig ab, was dem DAX mit einem Tagesverlust von -4,3 Prozent den schlechtesten Auftakt seit 1988 (!) bescherte. Das war allerdings erst der Anfang:
Abverkauf
Normalerweise folgt auf derartige Kursabstürze eine zumeist ebenso kräftige Gegenbewegung, die einen Großteil der oft überzogenen Verluste wieder ausbügelt. Im Jahr 2016 gelten diese Regeln offenbar nicht mehr, denn die minimale Erholung vom Dienstag war erstens kaum der Rede wert und zweitens nach den eklatanten Abverkäufen vom Mittwoch bzw. vor allem vom Donnerstag auch ganz schnell Makulatur. Von Stabilisierung nicht die geringste Spur, und das auf breiter Front – neben den Indizes markierte auch der Ölpreis gestern einen neuen historischen Tiefststand und war damit so billig wie zuletzt 2004. Richtig billig zu haben ist derzeit auch der Dow Jones, der erstmals seit Oktober wieder unter die 17.000er-Marke rutschte und damit bei der Fed für ein jähes, vorschnelles Ende der Zinserhöhungsphase sorgen könnte. Dass eine solche in Europa jetzt in ganz weite Ferne gerückt ist, dürfte allen klar sein – angesichts der dramatischen Verluste der europäischen Märkte – analog zum Dow Jones stürzte der DAX zum ersten Mal seit drei Monaten unter die wichtige 10.000er-Marke – werden eher Rufe nach einer Rettungsmaßnahme durch Super-Mario Draghi laut. Doch selbst der wird in dieser Krise nicht helfen können. Denn die ist sozusagen außer Kontrolle, der durch die europäischen bzw. US-amerikanischen Instanzen nämlich. Was sich derzeit in China abspielt und weltweit Panikverkäufe auslöst, lässt sich von Draghi oder Yellen nicht steuern. Aber von wem dann?
Kontrollverlust
Die Antwort lautet schlicht: im Augenblick von niemandem! Und das ist diesmal keineswegs ironisch gemeint. Zunächst ist es an den Chinesen, ein Mittel gegen die derzeit grassierende Crash-Seuche zu finden und den Krisenherd an den eigenen Märkten damit einzudämmen. Immerhin versuchen die Verantwortlichen etwas in der Art, so wurde in der vergangenen Nacht der umstrittene 7-Prozent-Mechanismus wegen offensichtlicher Ineffizienz wieder außer Kraft gesetzt. Ob diese Maßnahme alleine schon eine Normalisierung der Märkte nach sich ziehen wird, muss sich erst noch zeigen. Für eine leichte Stabilisierung hat es heute zumindest gereicht. Insgesamt sind die Vorzeichen für das neue Jahr aber alles andere als gut. Mit einem Minus von rund 7 Prozent hat der DAX den schlechtesten Wochenstart seit Beginn seiner Aufzeichnungen hingelegt, und es steht zu befürchten, dass eine weitere Abwärtswelle einsetzt, sobald in China der nächste Sack Reis umfällt. Die Situation an den Börsen ist derzeit nahezu unkontrollierbar, und damit auch uninvestierbar. Ob und wann sich die Lage ändert und eine Normalisierung des Marktgeschehens erfolgt, werden die kommenden Wochen zeigen. Wie die ersten fünf Handelstage, so das Jahr, besagt eine Börsenweisheit. Na das kann dann ja heiter werden!
Erfolgreiche Trades wünscht
Ihr
Sebastian Jonkisch
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Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler