(Prime Quants) – Nun bin ich ja bekanntlich von Haus aus ein eher pragmatisch veranlagter Mensch. Übertreibung und Hysterie sowie deren Folgeerscheinungen sind mir naturgemäß fremd, weshalb ich es auch durchaus begrüße, dass zwischen der Börsen- und der realen Welt derzeit ein gewisser Gleichklang herrscht. Sowohl hier wie da wird es nämlich stürmisch. Und deshalb lässt sich der Verlauf der Handelswoche auch eins zu eins auf den Verlauf beispielsweise meiner persönlichen Woche übertragen, weshalb ich diese hier zur besseren Veranschaulichung in Auszügen öffentlich wiedergebe: am Montagabend bei linden 19 Grad ein köstliches Abendessen im lauschigen Innenhof des besten Italieners von Rosenheim genossen, am Dienstagabend bei schweren Orkanböen das Hab und Gut aus dem Außenbereich der Wohnanlage in den sicheren Keller verbracht, am Mittwoch temperatursturzbedingt den Allerwertesten beim Morgensport abgefroren, und am Donnerstag bei sintflutartigen Regenfällen auf der A9 Richtung Frankfurt mehr geschwommen als gefahren. Ich bin mir sicher, dass es auch Ihnen so oder ähnlich ergangen ist, und exakt dasselbe Bild boten die Börsen in dieser Handelswoche:
Drunter und drüber
Sie erinnern sich, ich hatte in der vergangenen Market Mover-Ausgabe den Freitag explizit aus der Wertung ausgeschlossen, und das war auch gut so! Denn die Märkte gaben am Nachmittag noch einmal richtig Gas, sodass der DAX mit einem Plus von 3,1 Prozent den höchsten Tagesgewinn seit dem 03.08.2012 einfuhr. Damit endete auch die mehrwöchige Abwärtsbewegung des deutschen Leitindex; vom (Jahres-)Tief bei 8.355 Zählern konnten die Kurse durch diese Kraftanstrengung immerhin wieder deutlichen Abstand gewinnen. Und zwar nach oben, womit im Chartbild nun ein Mini-V mit jeweils rund 500 Punkten Seitenlänge vollendet wurde. Die Charttechniker unter Ihnen wissen: Diese 500 Zähler werden nun an die Kantenlinie angelegt, und schwupps errechnet sich daraus das Kursziel der Erholungsbewegung, macht in diesem Fall rund 9.300 Punkte. Ja, klingt plausibel und auch ganz nett, aber: V steht auch für Volatilität! Womit wir übrigens schon wieder beim Italiener wären, denn da kommt das Wort ursprünglich her und bedeutet hier sinngemäß Fähnchen im Wind. Und der blies in dieser Woche ordentlich und trieb die Kurse im Zickzack über die Anzeigetafel: -1,5 Prozent am Montag, +1,9 Prozent am Dienstag, +0,6 am Mittwoch und +1,2 Prozent am gestrigen Donnerstag sorgten für mächtig Wirbel auf dem Parkett. Viel heiße Luft, denn diese Ergebnisse kamen unter beträchtlichen Tagesschwankungen zustande. Immerhin überwand der DAX so aber eine wichtige Hürde auf dem Weg zurück in den Aufwärtstrend und kletterte erstmals seit dem 9. Oktober wieder per Schlusskurs über die 9.000er-Marke. Trotzdem bleiben die Kurse extrem anfällig für jeden Windstoß:
Ottawas?
Das ist so eine fiese Fangfrage aus dem Themengebiet Erdkunde – wie heißt die Hauptstadt von Kanada? Die meisten antworten reflexartig „Montreal“, weil dies nun einmal die bekannteste Metropole des nach Fläche zweitgrößten Landes der Erde ist und jedem deshalb sofort einfällt. Die Antwort ist aber falsch, denn Kanadas Hauptstadt heißt Ottawa. Das wissen seit dieser Woche fast alle, denn am frühen Mittwochabend liefen die Meldungen über einen Anschlag auf das kanadische Parlament über den Ticker. Natürlich reagierten die Märkte sofort und entsprechend: Der Dow Jones, bis dahin über 1 Prozent im Plus, gab sämtliche Tagesgewinne wieder ab. Nach dem Motto „besser Vorsicht als Nachsicht“ brachten die Investoren schleunigst ihre Schafe ins Trockene, wodurch der Index mit einem Verlust von 0,9 Prozent aus dem Handel ging. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist Volatilität! Der Ottawa-Effekt belastete am Donnerstagvormittag natürlich auch den DAX, der zwischenzeitlich ebenfalls fast ein Prozent nachgab. Doch dann geschah ein Wunder: die Konjunktur bricht vielleicht doch nicht ein! Na das ist ja eine Überraschung! Zugegeben, für allzu überschäumenden Optimismus ist es möglicherweise noch ein wenig zu früh, zumal schon wenige Stunden später die Nachricht vom ersten Ebola-Fall in New York erst den Dow, und heute früh dann auch den DAX vorübergehend in die Knie zwangen, aber: Sollte diese Einschätzung zur Wirtschaftslage an Gewicht und Kontur gewinnen, dürften die deutschen (und europäischen) Märkte wieder deutlich attraktiver werden. Nicht die schlechteste Ausgangslage für eine ordentliche Jahresendrallye, auch wenn es in den kommenden Sitzungen noch einmal ziemlich stürmisch werden könnte!
Erfolgreiche Trades wünscht
Ihr
Sebastian Jonkisch
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Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler