(Prime Quants) – So, das war es jetzt also gewesen, mit diesem Juli 2014. Und da war ja nun auch so einiges los, also gewesen, in diesem Juli 2014. Fußballweltmeisterschaft, Rente mit 63, erneute Staatspleite in Argentinien (richtig, die bösen Hedegfonds mal wieder!), diverse Kriege, eine Ebola-Epidemie und die bundesweite Einführung der gesetzlichen Warnwestenpflicht für alle, da wurde die gesamte Klaviatur der Nachrichtenlage genutzt, und da war auch für jeden etwas dabei. Von einem (journalistischen) Sommerloch kann demnach bis dato nicht gesprochen werden, weshalb wir bislang erfreulicherweise von Meldungen wie „Monsterkröte im Badesee!“ oder „Frau bringt Hund zur Welt!“ verschont blieben. Jahaaa, da macht sich schon so etwas wie Erleichterung breit! Allerdings nur kurz, denn deutlich weniger Glück hatten wir mit den Märkten und dem Geschehen auf denselben. Dort taten sich in diesem Juli, vor allem in der gerade abgelaufenen Handelswoche, wahre Abgründe auf. Und egal, ob schwindelfrei oder nicht, da blicken wir jetzt hinein. Oder besser, hinab. Hilft ja nix. Minus 4,3 Prozent im DAX, -6,1 Prozent beim MDAX, Dow Jones immerhin nur –1,6 Prozent und S&P 500 –1,5 Prozent, so miserabel sieht sie aus, die Performance der Indizes im Juli 2014! Und dabei hatte doch alles so schön begonnen, damals, vor Monatsfrist. Ein sentimentaler Rückblick:
Absturz
Bei 9.854 Zählern startete der DAX in den Juli und schob sich in den beiden darauffolgenden Tagen bis auf 10.032 Punkte und damit den höchsten Stand des Monats! Das bisherige Allzeithoch vom 20. Juni bei 10.051 Zählern wurden damit zwar nicht mehr erreicht, und auch die Nebenwerte im MDAX konnten da schon nicht mehr ganz mithalten. Aber auf der anderen Seite des Atlantiks feierte man an der Wall Street im Laufe des Monats Allzeithoch Nr. 15 (im Dow Jones) bzw. Nr. 27 (im S&P 500), wohlgemerkt in diesem Jahr! Nach dem Gipfelsturm ging es jedoch abwärts – zunächst noch verhalten, denn die Indizes schoben sich eine Weile unentschlossen seitwärts. Doch nun folgte der Absturz. Pünktlich übrigens nach einer entsprechenden Warnung der Analysten von Goldman Sachs. Die gaben am vergangenen Wochenende nämlich die Börsen-Kassandra und kündigten großes Unheil für die kommenden drei Monate an. Konkret fürchten die Goldmänner, dass eine baldige Zinserhöhung die Aktienkurse im nächsten Quartal abstürzen lassen wird. Als weitere Gründe für diesen Absturz machten die Goldigen die (neuen und alten) geopolitischen Risiken sowie die Erschöpfungstendenzen der bisherigen Börsenrallye aus. Wir wissen zwar nicht, wer da mit wem in New York zum gemeinsamen Lunch geht, aber sieh mal einer an – kaum hatte GS verkündet, meldete sich die Fed zu Wort:
Freier Fall
Am Mittwochabend erfuhr das interessierte Publikum, dass die Wirtschaft der USA wunschgemäß (und darüber hinaus auch überraschend stark) zugelegt hat, der Zeitplan in Sachen Tapering daher eingehalten und die Anleihekäufe somit auf nunmehr 25 Milliarden US-Dollar zurückgefahren werden. Ach ja, und dass die Zinsen „eine erhebliche Zeit danach“ angehoben werden sollen. Nun…damit war eigentlich zu rechnen gewesen. Etwas überzogen wirkt daher die Reaktion der Anleger auf diese Meldung – die gerieten nämlich in, gelinde gesagt, nackte Panik und ließen ab Donnerstag die Kurse im freien Fall nach unten stürzen. Ganz schlimm erwischte es dabei die deutschen Werte – der DAX rauschte ungebremst unter die langfristige Aufwärtstrendgerade, riss gestern ohne jede Gegenbewegung (und erstmals wieder seit Mai 2012) die 200-Tage-Linie kurz unterhalb von 9.500 Punkten und rutschte am Vormittag sogar an die 9.200er-Marke zurück, das bedeutet: auf den tiefsten Stand seit April! Noch schlimmer erwischte es die Nebenwerte – die notieren mittlerweile nämlich nicht nur deutlich unter dem langfristigen GD200, sondern haben am heutigen Freitag bereits ein neues Jahrestief markiert. Ja, da kann einem beim Blick auf die Kurstafeln durchaus schwindlig werden, trotzdem:
Cliffhanger
Okay, dass der MDAX in diesem aktuellen Sell-off ordentlich gefleddert wird, das überrascht nicht wirklich und lässt sich unter anderem mit der geringeren Liquidität in diesen Werten aus der zweiten Reihe erklären. Dass es aber auch die Blue Chips dergestalt zerlegt, das überrascht denn doch ein wenig. Wobei „ ein wenig“ noch sehr milde ausgedrückt ist, wenn man sich den gestrigen Kursverlauf der Adidas-Aktie anschaut: Minus 15,4 Prozent nach einer Gewinnwarnung und damit der größte Tagesverlust aller Zeiten, das ist schon mehr als nur ein kleiner Schwächeanfall. Dennoch halten wir den laufenden Ausverkauf insgesamt für übertrieben und Panik für unangebracht. Niemand hat gesagt, dass die Zinsen morgen erhöht werden. Und wenn – wie hoch wird die schon ausfallen, diese ominöse Erhöhung? Ein Viertelprozent? Ein halbes gar? Vielleicht warten wir die konkreten Zahlen erst einmal ab, bevor wir deshalb die Nerven – und unser Geld – verlieren? Es hat auch keiner behauptet, dass sich Aktieninvestments jetzt nicht mehr lohnen. Ganz im Gegenteil, und damit zurück zu den Experten von Goldman Sachs: Die stufen Aktien im Hinblick auf die kommenden 12 Monate als attraktivste Anlageform ein. Und legen sich sogar fest, welche Aktien das Prädikat „übergewichten“ verdienen, nämlich die europäischer und japanischer Unternehmen. Alles gut also! Und jetzt bitte alle wieder auf die Plätze und zurück zum Geschäft!
Erfolgreiche Trades wünscht
Ihr
Sebastian Jonkisch
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Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler