(Prime Quants) – „Der Mann, der gesagt hat: „Ich hätte lieber Glück als Talent.“ hat tiefe Lebensweisheit bewiesen. Manchmal will man nicht wahrhaben, wie viel im Leben vom Glück abhängt. Es ist erschreckend, wie viel außerhalb der eigenen Kontrolle liegt.“, mit diesen Worten beginnt der fabelhafte Film „Match Point“ von Woody Allen und heute auch das Editorial des Market Mover, denn ich werde im Verlauf desselben noch mehr als einmal auf dieses Zitat zurückkommen. Grund und Anlass dazu gibt uns natürlich das Marktgeschehen der aktuellen Handelswoche, deren Verlauf – vor allem bei den deutschen Indizes – selbst bereits Stoff für einen Hollywood-Streifen bot. Wobei Action-Spektakel irgendwie der passendere Begriff ist, denn in den jüngsten Sitzungen krachte es gewaltig. Auslöser waren erneut die Vorgänge in der Ukraine, bis dato gemeinhin als „Krim-Krise“ bekannt. Dort, am fernen Schwarzmeerstrand, überschlugen sich ab Sonntag zunächst die Ereignisse und im Anschluss bei uns die Nachrichten: „Eskalation im Osten des Landes“, „Alarm!“, „Ukraine-Krise löst Ansturm auf Gold und Öl aus“, „DAX – kommt bald ein 1000 Punkte Kursrutsch?“, so oder ähnlich plakativ lauteten die Headlines der vergangenen Tage. Dass es dabei den deutschen Leitindex, aber auch und vor allem die Nebenwerte, MDAX und TecDAX, förmlich zerrissen hat, wundert deshalb wenig, dabei wissen wir doch:
Von Kursen und Nachrichten
„Die Kurse machen die Nachrichten, und alle relevanten Informationen sind in den Kursen enthalten“, nach dieser Maxime leben und handeln viele Trader – und haben dabei in der Tat auch oft mehr Glück als Talent. Ich bin bekanntlich anderer Ansicht, und die Kursverläufe dieser Handelswoche bestätigen diese Einstellung: DAX, MDAX und TecDAX rutschten tief ins Minus, der Mid-Cap-Index sogar erstmals seit 570 Handelstagen im Aufwärtstrend vorübergehend unter seine 200-Tage-Linie. Und das alles, weil in der Ost-Ukraine jetzt telegen ein paar Panzer durchs verwackelte Bild rollen, was zumindest hierzulande eine mediale Vollberichterstattung nach sich und die Börsenkurse rasant nach unten zieht. Andernorts, sprich jenseits des großen Teichs, zeigten sich die Märkte nämlich herrlich unaufgeregt und dementsprechend unbeeindruckt, weshalb die Indizes in dieser Woche auch konsequent in Richtung ihrer bisherigen Rekordhochs marschierten. So viel also zum Thema Kurse und Nachrichten, aber welche relevanten Informationen sind denn nun in den aktuellen deutschen Kursen enthalten? Tja, auch diese Antwort bleibt die Anzeigetafel wieder einmal schuldig. Die Information, die ich den derzeitigen Kursverläufen entnehme, ist bestenfalls, dass in solchen scharfen Korrekturen nur einige gewinnen, nämlich diejenigen, die auf schnelle, spekulative Short-Trades gesetzt haben. Und auch das hat in gewisser Weise mehr mit Glück als Talent zu tun, denn weitaus mehr Anleger verlieren. Seitdem Spiegel Online am 27. Februar erstmals vermeldete, dass „die Krise in der Ukraine die Börsenkurse ins Minus treibt“, haben die DAX-Aktien im Tief zwischenzeitlich mehr als 30 Milliarden Euro an Marktkapitalisierung verloren. So gesehen könnte man die jüngsten Handelstage vielleicht als Lehrstunden verbuchen, Lehrstunden, wie es an den Märkten nicht laufen sollte. Denn nur zum Vergleich: 30 Milliarden Euro entsprechen knapp 30 Prozent des ukrainischen Bruttoinlandsproduktes, das im Jahr 2013 rund 126 Milliarden Euro betragen hatte. Doch allen mehr oder weniger ernstgemeinten Zahlenspielen zum Trotz:
Karwoche, wörtlich genommen
Wikipedia lässt uns wissen: „Die Karwoche (althochdeutsch kara ‚Klage‘, ‚Kummer‘, ‚Trauer‘), auch stille Woche, ist im Kirchenjahr die letzte Woche der Fasten- oder Passionszeit und die Trauerwoche vor Ostern.“ Trauerwoche also, und dies gilt in diesem Jahr nicht nur für die Kirche, sondern eben auch für die Börse, und ist per se ausgesprochen untypisch – traditionell präsentieren sich die Märkte in der vorösterlichen Zeit nämlich eher stark, wie der Blick auf eine hauseigene Auswertung des DAX seit 1988 zeigt: In den vier Handelstagen vor Ostern legt der Index mit einer Wahrscheinlichkeit von 69 Prozent immerhin knapp 1 Prozent zu. Da bestätigt diesmal wohl die Ausnahme die Regel, zumal die übergeordnete Trendlage unverändert tendenziell bullish bleibt. Zwar muss in den kommenden Sitzungen vorerst noch mit größeren Schwankungen gerechnet werden – im DAX bspw. ist jeder Kurs zwischen 9.000 und 9.700 Punkten als „normal“, weil innerhalb der seit Jahresbeginn gültigen Seitwärtsrange befindlich, einzustufen. Das kann man jedoch mit dem nötigen, Sie wissen schon, Glück und Talent allemal aussitzen. Erst recht, wenn mit den anstehenden Feiertagen auch etwas Erholung von diesen Krisenbörsen möglich ist!
Erfolgreiche Trades wünscht
Ihr
Sebastian Jonkisch
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Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler