(Prime Quants) – Es ist ein radikaler Schritt und ein Paradigmenwechsel in der Geldpolitik: Japan zieht mit den USA gleich und öffnet die Geldschleusen bis zum Anschlag. Für rund sieben Billionen Yen (58 Milliarden Euro) sollen monatlich japanische Schuldentitel, börsengehandelte Indexfonds (ETFs) oder Anteile börsennotierter Immobiliengesellschaften (REIT) gekauft werden. Und zwar so lange, bis sich die Geldmenge verdoppelt hat. In knapp zwei Jahren will die Bank of Japan so rund 1,2 Billionen Euro in den Markt pumpen. Es sind unterschiedliche Gründe, aber es ist das gleiche Spiel wie in den USA. Dort pumpt die Notenbank (Fed) derzeit 85 Milliarden USD (cirka 66 Milliarden Euro) monatlich in den Markt. Während Japan mit aller Macht der Deflationsphase entkommen will und ein Inflationsziel von zwei Prozent als Zielgröße ausgibt, wollen die Amerikaner mit der Liquiditätsflut die Arbeitslosenquote auf 6,5 Prozent (derzeit 7,7 Prozent) drücken.

Bestehen durch die lockere Geldpolitik Gefahren für die EU?

Ja! Das Stichwort lautet „Beggar my neighbour“. Salopp gesagt, geht es darum, die Staatsschulden durch eine lockere Geldpolitik zu exportieren. Es ist kein Zufall, dass nach den USA plötzlich auch Japan starkes Interesse an einem Freihandelsabkommen mit der EU hat. Eine Abwertung des Yen würde die japanischen Exporte vor dem Hintergrund des billigen Geldes erhöhen und vor allem Arbeitsplätze im Land der aufgehenden Sonne schaffen. Durch höhere Importe in der EU würden hier aber kaum nennenswert neue Arbeitsplätze entstehen.

Muss EZB-Chef Mario Draghi jetzt handeln?

Nein! Die Börsen sind grundsätzlich immer ungeduldig. Die USA haben zuerst damit begonnen, billiges Geld in den Markt zu pumpen. Japan hat dann zuerst gezuckt und ebenfalls die Geldschleusen geöffnet. Gegen die USA haben die Japaner damit den Schild gehoben – gegenüber Europa das Schwert. Aber auch wenn es nicht danach aussieht, hat die EZB derzeit gute Karten in der Hand. Die Leitzinsen liegen mit 0,75 Prozent im Vergleich zu den USA und Japan auf einem relativ hohen Niveau. Mario Draghi agiert sehr zurückhaltend und vorsichtig und verschafft sich damit Zeit. Während die internationalen Notenbanken ihre Karten verspielen, hat die EZB noch mehr als nur ein Ass in der Hand. So könnten bspw. die Leitzinsen gesenkt werden. Es ist davon auszugehen, dass die EZB zunächst ihrer Linie treu bleibt und abwartet, wie sich die Maßnahmen in den USA und Japan auswirken. Die Wahrscheinlichkeit steigt allerdings, dass auch in Europa Maßnahmen zur Lockerung getroffen werden.

Ist das billige Geld ein Garant für Wirtschaftswachstum?

Die wirtschaftlich schwache Verfassung einiger Euroländer setzt die EZB zunehmend unter Druck. Es ist jedoch nicht Aufgabe der EZB das Wachstum in der Eurozone voranzutreiben. Mario Draghi sprach diesbezüglich heute davon, dass die EZB nur in ihrem institutionellen Rahmen tätig sein kann. Wie stark sich die Wirtschaft tatsächlich durch die Notenpresse beeinflussen lässt, bleibt schwer zu prognostizieren. Tendenziell führen billige Kredite zu mehr Investitionen. Allerdings ist das für einen Unternehmer auch nur eine Seite der Medaille. Von einem rasanten Aufwärtstempo in den USA kann derzeit nicht wirklich gesprochen werden. Der ADP-Arbeitsmarktbericht wurde am Mittwoch eher enttäuschend aufgenommen.

Was bedeutet das billige Geld für die Aktienkurse?

Eine Ausweitung der Geldmenge führt tendenziell zu steigenden Preisen. Kursgewinne von knapp 12 Prozent in den USA und 22 Prozent in Japan seit Jahresanfang unterstreichen dies eindrucksvoll. Allerdings hebt die Flut nicht alle Boote. Es wirken weiter die Gesetze von Angebot und Nachfrage. Das billige Geld ist diesbezüglich nur ein Faktor in der Gleichung. Aktien von Unternehmen, die keine marktfähigen Produkte herstellen (siehe Solarindustrie), werden auch in solchen Phasen an Wert verlieren. Der Gesamtmarkt profitiert allerdings von dem billigen Geld, zumal es kaum noch Anlagen gibt, die unter Renditegesichtspunkten mit Aktien mithalten können. Deutsche Werte scheinen zudem einen Sonderstatus zu genießen. Der MDAX ist bspw. fast der einzige Aktienindex, der mit dem liquiditätsgetriebenen Dow Jones und dem Nikkei mithalten kann. Manch ein Akteur hatte bereits heute damit gerechnet, dass die EZB an der Zinsschraube drehen könnte. Die Anleger wurden diesbezüglich allerdings enttäuscht. Die schwachen wirtschaftlichen Aussichten drücken zudem im Augenblick etwas auf die Stimmung. Ob dadurch der langfristige Aufwärtstrend in Gefahr ist, schauen wir uns auf den folgenden Seiten im Detail an.

Erfolgreiche Trades wünscht

Ihr
Sebastian Jonkisch

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